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Der steinerne Judenkopf an der Fleischbankgasse

Der steinerne Judenkopf an der Fleischbankgasse

Hans-Jürgen Pohl

Ein unscheinbares schmales Gäßchen, benannt „An den Fleischbänken", verbindet in Meißen in Nähe des Roßmarktes die Marktgasse mit der Fleischergasse. Für die Öffentlichkeit ist sie schon längst nicht mehr zugängig. Hier hielten bis weit in das vorige Jahrhundert hinein die Meißner Fleischer gemeinsam in offenen Arkaden ihre Waren feil.

Am östlichen Zugang der Fleischbankgasse - und somit von der Marktgasse einsehbar - zeigt sich an dem dort anstehenden Haus (Grdst. Roßmarkt 9) in Höhe des ersten Obergeschosses ein vermauerter steinerner Männerkopf mit Bart und langem, gelockten Haupthaar. Groß blicken Augen aus einem runden Gesicht, schmal und geschlossen wirkt der Mund. Es ist eine sehr altertümlich wirkende, fast ungefüge Plastik, deren Entstehungszeit deshalb schwer schätzbar bleibt.

Als „steinerner Judenkopf" und „Wahrzeichen der Jüdengasse" wird er noch im vorigen Jahrhundert benannt. Die „Jüdengasse" - das war bis zum endenden 19. Jahrhundert die Bezeichnung für den unteren Teil der jetzigen Marktgasse.

Und am Stadteingang derselben, am Roßmarkt, stand bis zum Abbruch 1835 ein Stadttor namens „Jüdentor". Zum Jahre 1296 - etwa ein Jahrhundert nach Ummauerung der Stadt - wird es erwähnt als gelegen in der Nähe des Hauses eines Juden namens Bule.

Ob Tor und Straße nun nach diesem oder Mitwohnenden benannt sind oder wohl doch nach der jenseits der Triebisch gelegenen mittelalterlichen jüdischen Gemeinde am Neumarkt - denn in diese Richtung führte der Fernweg vom Jüdentor - das bleibe dahingestellt.

Fakt ist, dass der „Judenkopf‘ im vorigen Jahrhundert über dem Eingang zum Fleischbankgäßchen zu sehen war und bei dortigen baulichen Veränderungen 1871 zum Abbruch kam. Denn mit der 1861 verkündeten Gewerbefreiheit entfiel auch die zunftgemäße gemeinsame Verkaufspraxis der städtischen Fleischer.

Doch war dieser Anbringungsort wirklich der ursprüngliche? Befand sich das Steinbildwerk vielleicht primär an dem bereits 1835 abgebrochenen Stadttor?

War es der berühmte „Judenkopf von Meißen", welcher jedoch in der neuzeitlicheren Geschichtsauffassung stets auf die Helmzier im Großen Meißner Stadtwappen in Form eines bärtigen Männerkopfes bezogen wird? Wer weiß es! - Andernseits weist aber genanntes Helmkleinod tatsächlich orientalische Gesichtszüge auf, wie im Meißner Dom das Original farbige Herzogswappen über der Pforte in der Begräbniskapelle Herzog Georgs des Bärtigen bezeugt (um 1530).

Mit dem Bau des Hauses Roßplatz Nr. 9 im Jahre 1877 ist der „Judenkopf‘ an dessen Rückfassade - und damit wiederum am Fleischbankgäßchen - sekundär eingefügt worden. Somit schaut noch heutzutage der „Judenkopf" auf die alte „Jüdengasse" (die untere Marktgasse) herab.

Der steinerne Judenkopf" wird als Wahrzeichen der Jüdengasse" im Meißner Tageblatt vorn 18. Juli 1871 mi Tagesbericht zum 17. Juli so benannt anlässlich seines Verschwindens im Zusammenhang mit Baumaßnahmen an den damals mehr und mehr verschwindenden Fleischbänken". Reste der ehemaligen Verkaufsarkaden sind, wenn auch in bauveränderter Form, noch an der nördlichen Seite der Gasse erhalten.

Der steinerne Kopf weist Schäden auf und wurde leider im Rahmen einer Gebäudesanierung 1971 mit Fassadenfarbe überstrichen; sein Äußeres ist dadurch verunklärt. Trotzdem hat seine Form Ähnlichkeit mit den beiden steinernen sogenannten „Brüderköpfen", welche in der Stadt Oschatz am Brüdertor" vermauert waren und als Wahrzeichen der Stadt Oschatz galten. Jetzt sind beide Plastiken am Oschatzer Rathaus befestigt. Sie stellen angeblich die Söhne des Markgrafen Albrecht des Entarteten, Friedrich (den Freidigen) und Dietzmann, dar (um 1300). Auch in der Stadt Bautzen ist am sogenannten Nikolaitor ein steinerner Kopf zu sehen, welcher als ein Wahrzeichen galt und angeblich den verräterischen Bautzener Stadtschreiber Peter Preischwitz darstellen soll (1429).

 

Text- und Bildquelle: Hans-Jürgen Pohl: Geschichten und Sagen des Meißner Landes, geschrieben nach alten Chroniken, Urkunden, Überlieferungen, S. 14-16.

 

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