aus: Cornelius Gurlitt, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 39. Heft: Meißen (Stadt, Vorstädte, Afrafreiheit und Wasserburg), Dresden 1917, S. 181ff.
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Ein Rathaus wird 1365 zuerst erwähnt und stand angeblich an Stelle des jetzigen Hauses Markt Nr. 7 (Ecke Fleischergasse). Ein Neubau an der jetzigen Stelle wurde gegen 1472 begonnen; die Stadtrechnungen, soweit sie für die Folgezeit erhalten sind, geben Posten für den Bau des neuen Rathauses an. So 1473: 85 Schock 38 gr., 1474: 131 Schock 20 gr., 1475: 106 Schock 3 gr. 5 pf., 1476: 17 Schock 38 gr. 5 pf. und 34 schock 17 gr. 1 pf. 1 heller und 17 Schock 8 gr. 5 heller. es scheint also für bestimmte Arbeiten ein Gedinge von rund 17 Schock 8 gr. gemacht worden zu sein, das 1473 fünfmal, 1476 viermal gezahlt wurde. Baumeister, d. h. städtischer Leiter des Baues war der Bürgermeister Nickel Steinbach. Eine 1479 gemachte Anleihe der Stadt im Betrage von 3000 rh. Gulden scheint mit dem Bau in Beziehung zu stehen. Das Gedinge wird seit 1476 an Nickel Grabisch und Jost gegeben. Aus der Steuerliste von 1481 geht hervor, daß das Rathaus damals nicht fertig war, daß Jost Meurer ein bemittelter Mann war und daß in seinem Hause Simon Maler wohnte. Also dürfte auch Nickel Grabisch Maurer gewesen sein. Hierfür spricht auch die sehr bescheidene Anwendung von Haustein; die Mauern sind aus Bruchstein, die Giebel aus Ziegel hergestellt.
Über die weitere Geschichte des Baues ist wenig bekannt. In einem Inventar von 1726 ist davon die Rede, daß das mit Blech bedeckte, rot gestrichene Türmchen auf dem Dach baufällig sei. es fehlt dieses in den Ansichten aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Es ist 1726 auch von einer neuen Oberkellerstube die Rede, was auf einen Umbau zu dieser Zeit schließen läßt. Denn etwa zu dieser Zeit wurde das Rathaus insofern umgestaltet, als die Fassaden mit einer Lisenenarchitektur gemalt, an den Giebeln aber nichts geändert wurde. Auf den drei Giebeln befanden sich 21 zinnerne Knöpfe. Am Rathaus war ein gemalter Sonnenweiser mit eiserner Stange angebracht.
Der Dresdner Architekt Ernst Giese fügte der Fassade einen Balkon ein und baute auf dem mittleren Giebel 1875 einen gotischen Turm auf, der sich nach der Stadtansicht von Hiob Magdeburg früher auch dort befand. Gleichzeitig etwa, 1865, brachte der Bildhauer C. P. Krondl ein steinernes Stadtwappen in gotischen Foren an, bez.: Erbauet anno Christi 1479. Jetzt Berichtigt: 1472."
Der gotische turm wurde 1910 wieder abgetragen und die Fassade durch den Dresdner Architekten Alexander Hohrath erneuert, bei welcher Gelegenheit der Austritt oberhalb des Haupttores entstand. Die Arbeit bezog sich hauptsächlich auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, namentlich der Schauseite nach dem Markt, die durch Erweiterung der Fenster und den Gieseschen Trum auf dem Mittelgiebel, durch Zinnen und andere Änderungen in ihrer ruhigen Wirkung beeinträchtigt war. [...] Das Haus Burgstraße 32 wurde vor einigen Jahren dem Rathause angegliedert. [...]