Meißen-Lese

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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Wie Meißen zu seinem Namen kam

Wie Meißen zu seinem Namen kam

Hans-Jürgen Pohl

Meißens Stadtname ist so geläufig, daß sich kaum jemand mehr fragt, was er denn eigentlich zu bedeuten hat.
Doch welchen Inhalt hat das Wort tatsächlich?
Zum ersten Mal genannt wird Meißen als „Misni" in dem berühmten Geschichtswerk des deutschen Chronisten und Merseburger Bischofs Thietmar. Es wurde um 1012/18 geschrieben. Thietmar berichtet von der Gründung der Burg Meißen durch den deutschen König Heinrich 1 (um 929/32) und bemerkt dabei, der König habe die Burg nach einem an der Nordseite des Berges vorbeifließenden Bache „Misni" benannt.
Doch soll wirklich dieses kleine Bächlein den Namen der Burg und der späteren Stadt geliefert haben?
Seither wechselte die Schreibweise häufig: Misni, Misna, Misne, Mysze, Misin, Mizsin, Missin, Misen. Missen, Mysen, Myszen, Miessen und schließlich 1406 Meyssin; latinisiert Misnia, tschechisch Mi?no oder Mi?e? polnisch Misnia.
Auch Wissenschaftler versuchten sich am Namensdeuten und kamen zu dem Ergebnis, der Name sei von dem altslawischen Wort „mysinu-mysny" herzuleiten und bedeute „Ansiedlung auf dem hervorragenden Hügel". Doch eine Burg auf einem hervorragenden Hügel, die dann extra noch namentlich als eine solche gekennzeichnet wird? Weshalb?
Andere meinten, die slawischen Worte „mésino" oder „méchu" seien zu Rate zu ziehen, welche soviel wie „Schlauch" oder „Sack" bedeuten, da der Burgberg schließlich die Umrisse der altertümlichen Wassersäcke zeige, die im Mittelalter den Reisenden wohlbekannt waren. Doch wer betrachtete damals den Meißner Burgberg schon aus der Vogelschau? Und welch eigenartiger Name für eine Burg?
Und wieder andere erklärten, daß das altslawische Wort „mežda" bei der Namensgebung Pate gestanden hat, und das bedeute schlicht und einfach „Grenze". Das könnte fast wahr sein, denn die Gegend um Meißen bildete das Grenzgebiet zwischen den sorbischen Gauen Daleminzi und Nisani, und die Elbe galt als Grenzfluß zwischen germanisch-deutschem und slawisch-sorbischem Anspruchsgebiet. Doch ist hier sprachwissenschaftlich die Wortfortschreibung anfechtbar.
Auch die Deutung aus dem Sorbischen „mich, mnich - Mönch" wurde mit Bezug auf das tschechische Mi?no, Mi?e? versucht und die Bezeichnung für Meißen als „Mönchsburg/Mönchsstadt" erwogen, da die Slawen hier ein Bollwerk des ihnen fremden christlichen Glaubens vor sich sahen. Doch wird hierzu von Sprachkundigen behauptet, daß dies eine zeitlich spätere tschechische Umdeutung des bereits vorhandenen Ortsnamens sei.
Andererseits: Wir kennen nicht die Sprache der hier einst ansässigen sorbischen Daleminzer, seit Jahrhunderten ist sie schon verlorengegangen; aber sie war kaum identisch mit der Sprache der ober- und schon gar nicht der niederlausitzer Sorben.
Behält Thietmar vielleicht doch recht, wenn er schreibt, daß das Bächlein namensgebend war? In der Kollonisationspraxis wurden häufig Bach- und Flußnamen auf neugegründete Siedlungen oder Burgen übertragen. - Weshalb nicht auch in Meißen?
Die Deutung des Bachnamens Misne/Meisa führt dann allerdings über die Worte „misja, miža, mizija, mizina" zu dem Begriff des „Wenig-Wasser-führens", des „Rieselns, Rinnens, Tröpfelns", also: Tröpfelbach, kleines Rinnsal. - Nichts sonderlich Attraktives für einen Namen!
Aber eines steht fest: Heinrich wird sich um diesen Umstand keine Gedanken gemacht haben. Er hatte mit seinem Kriegszug ganz andere Dinge im Kopf, und Lesen und Schreiben konnte er sowieso nicht.

 

Das hier Angeführte erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die detaillierte Nachweisführung zur möglichen Namensdeutung und alle in geschichtlicher Zeit angewandten Schreibformen des Burg- und Stadtnamens sind der entsprechenden Fachliteratur zu entnehmen, welche im Quellennachweis angegeben ist (‘Gustav Hey, Ernst Eichler, Helmuth Gröger). Grundsätzlich ist zu sagen, daß solcherart Namensdeutungen immer nur mehr oder weniger wahrscheinlich sein können.

 

Textquelle: Hans-Jürgen Pohl: Geschichten und Sagen des Meißner Landes, geschrieben nach alten Chroniken, Urkunden, Überlieferungen, S. 4-6.

Bildquelle: mit freundlicher Genehmigung der Stadt Meißen

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